Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
im letzten Jahr habe ich meine Haushaltsrede mit einem Lob an die Jugend begonnen. Ich habe gesagt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „Beweg-was-Projektes“ verstanden haben, dass Demokratie nur funktioniert, wenn man sich einmischt und seine Meinung äußert, wenn man Forderungen stellt und für seine Überzeugungen kämpft. Und ich habe gesagt, dass wir die Jugendlichen nicht allein lassen dürfen und sie ernst nehmen müssen.
Ich habe den Eindruck, dass das noch nicht jeder hier im Raum verinnerlicht hat.
Da kann man gerne die Ideen aus dem Jugendforum aufgreifen und sofort in Anträge packen, wie es zwei Fraktionen getan haben. Das begrüßen wir auch und das werden wir sicher mittragen.
Aber kommt es nicht auch darauf an, den Jugendlichen einen eigenen Willen und eine eigene Meinung zuzutrauen?
Dass die CDU dies nicht tut, hat sie in der Diskussion um den Standort für das neue Feuerwehrgerätehaus bewiesen, als sie uns unterstellt hat, wir würden die Schülerinnen und Schüler des Johanneums auffordern, sich in der Diskussion zu Wort zu melden. Dabei haben wir lediglich ein offenes Ohr gehabt, wie man es von jedem Politiker und jeder Politikerin erwarten kann.
So stellen wir uns einen fairen Umgang miteinander und mit den Menschen in unserer Gemeinde nicht vor.
Von der Internetseite der CDU sind sowohl die Festlegung auf den Standort Liesborner Straße als auch der Vorwurf der Instrumentalisierung mittlerweile verschwunden. Wenn die Meinung nicht mehr populär ist, löscht man sie einfach. Konrad Adenauer hat gesagt, „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ und an die Worte des ehemaligen CDU-Bundesvorsitzenden und Bundeskanzlers scheint man sich hier zu halten. Viele wissen aber nicht, dass das Zitat noch weiter geht, nämlich mit „Nichts hindert mich, weiser zu werden“. Und weise wäre es gewesen, den Prozess einer Entscheidung transparent für die Wählerinnen und Wähler darzustellen.
Einen neuen Standort für das Feuerwehrgerätehaus, der alle Anforderungen erfüllt und den alle Beteiligten befürworten, haben wir nun gefunden. Das Osburg-Gelände ist der Gemeinde Wadersloh erst nach der Ratssitzung am 28.10.2019 angeboten worden. Wir haben in dieser Sitzung, in der der Standort schon beschlossen werden sollte, weitere Prüfaufträge gegeben und beantragt, erst nach Vorliegen der Ergebnisse eine Entscheidung zu treffen. Wir haben Zeit eingefordert, um mit Bürgerinnen und Bürgern zu sprechen und um weitere Alternativen zu prüfen. Nur so war es möglich, überhaupt einen anderen Standort zu finden, der vorher nicht bekannt war.
Klar ist, dass die Bushaltestellen am Johanneum trotzdem dringend überplant werden müssen, um die aktuelle, für Schülerinnen und Schüler gefährliche, Situation zu entschärfen. Hier ist es wichtig, dass Umbaumaßnahmen möglichst umweltverträglich geplant und umgesetzt werden.
Beim Klimaschutz machen wir große Schritte nach vorne. Zwar waren CDU und FDP nicht bereit, den ersten Schritt zu gehen und den Klimanotstand auszurufen, der ein wichtiges Symbol gewesen wäre, um zu zeigen, dass wir das Problem erkannt haben und zukünftig entsprechend handeln werden. Wir machen jedoch gemeinsam den zweiten Schritt und richten einen Runden Tisch zum Thema Klimaschutz ein, an dem die verschiedensten Akteure der Gemeinde und Bürgerinnen und Bürger gemeinsam sitzen und – und das ist der dritte Schritt – ein Klimaschutzkonzept für die Gemeinde erarbeiten. Hierfür wird u.a. auf unseren Antrag ein Klimaschutzmanager eingestellt, der die Koordination und weitere Aufgaben in diesem Bereich übernehmen wird.
Neben den großen Schritten haben wir als SPD-Fraktion schon viele kleine Schritte angestoßen.
Kastrationen von Katzen wollten wir finanziell unterstützen, damit eine unkontrollierte Vermehrung der Tiere unterbunden wird und somit sowohl Katzenelend als auch übermäßige Jagd auf Vögel verhindert wird. Leider hat die CDU den Antrag gerade abgelehnt. An dieser Stelle findet nun kein Tier- und Naturschutz statt.
Bereits vor zwei Jahren haben wir einen Antrag zum Schutz der heimischen Insekten- und Vogelwelt gestellt.
Zur natürlichen Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners wollen wir Nistkästen für Meisen und andere Vögel aufhängen, die sich von den Raupen des Schädlings ernähren.
Jedes Baby bekommt bei seiner Geburt von der Gemeinde Wadersloh einen Baum geschenkt. Das hat sowohl ökologischen als auch wertschätzenden Charakter. Dieser Beschluss hat sogar überregionale Aufmerksamkeit erlangt und regt vielleicht weitere Kommunen an, es uns nachzumachen.
Wir wollen, dass die Wadersloh Energie GmbH mehr Werbung für Ökostrom macht. In den Privathaushalten ist das Bewusstsein hierfür leider noch nicht angekommen.
Die Gemeinde Wadersloh geht mit gutem Beispiel voran und lässt ihre Gebäude zukünftig nur noch mit Ökostrom beliefern. Mit den Kosten hierfür den pauschalen Ansatz für den Klimaschutz zu belasten, finden wir jedoch nicht richtig. Dieser pauschale Ansatz ist für das Klimaschutzkonzept und für Projekte gedacht, die der Klimaschutzmanager im Laufe seiner Arbeit mit dem Runden Tisch, der Verwaltung oder auch eigeninitiativ entwickelt. Diesen finanziellen Spielraum sollten wir nicht schon schmälern, bevor er seine Arbeit überhaupt aufgenommen hat. Wir wollten, dass die Mehrkosten für den Ökostrom an den entsprechenden Stellen im Haushalt als höhere laufende Betriebskosten angesetzt werden. Mit dem Vorschlag, den pauschalen Ansatz um 7.500,00 EUR auf 57.500,00 EUR zu erhöhen, können wir gut leben. Wichtig ist, dass der Handlungsspielraum für die zukünftige Arbeit nicht reduziert wird.
Wenn man über Klimaschutz spricht, dann muss man immer auch über Mobilität sprechen. Der Zuschuss zum Nachtbus, der von Lippstadt über Wadersloh nach Beckum und zurück fährt, hat sich mehr als verdoppelt. Trotzdem ist es aus unserer Sicht wichtig, dieses Angebot beizubehalten oder gar auszuweiten. Auch die Reaktivierung der WLE-Strecke für den Personenverkehr, für die sich die SPD im Kreis Warendorf seit 1999 einsetzt, spielt hier eine wichtige Rolle. Von Münster bis Sendenhorst kommt die Reaktivierung jetzt und wir fordern, dass sie von Sendenhorst über Beckum, Diestedde, Wadersloh und Liesborn bis nach Lippstadt weitergeführt wird. Auch das von der SPD-Kreistagsfraktion beantragte 365-Euro-Ticket ist ein weiterer Baustein, um die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver zu machen.
Das Fahren mit Bus und Bahn muss einfacher und kostengünstiger werden, denn nur dann ist der Umstieg vom PKW auf Bahn oder Bus möglich.
Noch ein abschließender Hinweis zum Thema Klimaschutz: Die CDU betont gerne zu allen möglichen Gelegenheiten, dass die Gemeinde seit vielen Jahren schon einiges im Bereich Klimaschutz tut. Es werden dann Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke, das eigene Windrad und weitere Maßnahmen angeführt. Das ist alles richtig. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass es bisher vor allem um den ökonomischen, also finanziellen, und weniger um den ökologischen Charakter ging.
Wo außerdem nicht gespart werden darf ist das Thema Sicherheit. Unsere Regenrückhaltebecken sind optisch eher naturbelassen. Natürlich passen Zäune da nicht ins Bild. Die Notwendigkeit der Einzäunung der Regenrückhaltebecken wird uns aber vorgegeben. Hier können wir nicht entscheiden, ob wir das wollen oder nicht. Darum waren wir auch gegen den Antrag der CDU, die für 2020 geplanten 150.000,00 EUR auf die kommenden zwei Jahre aufzuteilen und jeweils 75.000,00 EUR auszugeben. Bei einem Unglück sind Gemeindeverwaltung, Bürgermeister und Kommunalpolitiker verantwortlich, wenn keine ausreichenden sichernden Maßnahmen ergriffen wurden.
Bildung und Chancengleichheit haben für uns als Sozialdemokraten einen hohen Wert. Den Antrag der Grundschule, die Mittel für Arbeitsmaterial um 5.000,00 EUR zu erhöhen, haben wir deshalb ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Es ist schon interessant, wie viel Diskussionsbedarf da bei der Mehrheitsfraktion für so einen kleinen Betrag vorhanden war. Man wollte sogar die Bücher sehen, um die es geht. Am Ende konnte man sich doch noch zu einer Zustimmung durchringen.
Andererseits ist es aber problemlos möglich, mit einem mündlichen Antrag mal eben 50.000,00 EUR zusätzlich für die Erneuerung von Wirtschaftswegen in den Haushalt einzustellen. Wir würden uns wünschen, dass Ausgaben im sozialen Bereich ebenso schnell die Zustimmung der CDU finden.
Da sieht man mal wieder, wo die Prioritäten liegen.
Ich habe ja im letzten Jahr schon auf das große „C“ im Namen hingewiesen und dass christlich eben nicht gleich sozial ist.
Zur Klarstellung will ich aber sagen, dass wir nicht grundsätzlich gegen die Investitionen in die Wirtschaftswege sind. Wir müssen aber die Finanzierung auf neue Füße stellen. Die Weiterentwicklung der Idee eines Wirtschaftswegeverbandes steht gerade aus Gründen still, die wir hier in der Gemeinde nicht zu verantworten haben.
Im ersten Halbjahr 2019 mussten wir uns entscheiden, ob es zwei Grundschuleingangsklassen in Liesborn und keine in Diestedde oder jeweils eine Eingangsklasse in jedem der beiden Ortsteile geben soll. Das war eine Entscheidung, die sich gesamten Gemeinderat niemand leicht gemacht hat. Wir haben als SPD-Fraktion ein Gesprächsangebot gemacht, das von den betroffenen Eltern intensiv genutzt wurde und auch Verständnis zwischen den Ortsteilen gefördert hat. Wir wollen auch weiterhin ein zuverlässiger Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger sein und bei schwierigen Sachverhalten vermitteln. Wir brauchen in der Gemeinde Wadersloh wieder eine Diskussionkultur, meine Damen und Herren, auch wenn das mit einer absoluten Mehrheitsfraktion manchmal schwer ist.
Auch die Diskussion um den Namen Carl Diem, nach dem die Sportanlagen und die Sporthalle an der Sekundarschule benannt waren, war von hohem öffentlichen Interesse. Auch hier war es wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören und zu entscheiden, dass dieser Name nicht in unsere Gemeinde gehört.
Mit einem Namenswettbewerb haben wir nach einem Namen für die Sekundarschule, die Sportanlagen und die Sporthalle gesucht. Dass die Sekundarschule Wadersloh nun weiterhin Sekundarschule Wadersloh heißen soll, mag im ersten Moment recht simpel erscheinen, zeigt aber, dass sich die Schülerinnen und Schüler, die sich auch am Wettbewerb beteiligt haben, bereits mit diesem Namen identifiziert haben.
Auch auf dem Gelände der ehemaligen Realschule bleibt die Entwicklung spannend. Der Architektenwettbewerb hat leider keine Bewerber hervor gebracht. Trotzdem werden wir daran arbeiten, dass unsere Wünsche – bezahlbare Wohnungen, Barrierefreiheit, ein gemeinsames Miteinander von Alt und vor allem Jung, ein Treffpunkt für alle – zur Realität werden.
Ich schließe meine Rede so, wie ich sie angefangen habe: Bei der Jugend.
Ihr haben wir es zu verdanken, dass im kommenden Jahr mit Unterstützung der Bürgerstiftung ein Dirtpark in Diestedde entsteht. Ursprünglich war es ein Antrag aus der SPD-Beweg-was-Fraktion, der von Jugendlichen aus Diestedde weiter vorangetrieben wurde. Dies wird sicher eine große Bereicherung im Freizeitbereich für die gesamte Gemeinde darstellen.
In diesem Jahr fand statt des „Beweg-was-Projektes“ zum ersten Mal das Jugendforum statt. Hier wurde deutlich, wie politisch und voller Ideen die jungen Menschen in unserer Gemeinde sind. Von Politikverdrossenheit keine Spur. Man muss ihnen nur zuhören, mit ihnen sprechen und ihren Anliegen eine Stimme verleihen. So macht Politik Spaß!
Wir stimmen dem Haushalts- und dem Stellenplan zu.
Dies waren die letzten Haushaltsplanberatungen in dieser Zusammensetzung des Rates. Ich bedanke mich bei der Verwaltung, dem Bürgermeister, den anderen Fraktionen und bei meiner Fraktion für die Zusammenarbeit der letzten Jahre. Ein herzlicher Dank geht auch an die Presse, sowohl an die Print- als auch die sehr engagierten Onlinemedien. Ich wünsche Frohe Weihnachten.
Anne Claßen
Fraktionsvorsitzende